Als gegenständlich arbeitende Künstlerin, wird man immer wieder mit der Frage konfrontiert: „Was soll das bedeuten?“ Das ist eine schwierige Frage. Was bedeutet unsere Träume? Man kann bestenfalls eine bestimmte Richtung erkennen, aber nicht jedes Detail entschlüsseln. Dennoch möchte ich an dieser Stelle einzelne Werke oder Werkgruppen genauer vorstellen:

Rauchschwalbe, Eule und Vogelkinder aus der Serie VOGELDÄMMERUNG, 2019-20, Farbholzschnitte, 25,5 x 17 cm
VOGELDÄMMERUNG
Rauch- von Mehlschwalben zu unterscheiden, lernte ich noch bevor ich lesen und schreiben konnte. Eines Morgens weckte mich meine Oma, und in den Händen hielt sie eine kleine Rauchschwalbe, die sich beim Lüften in die Wohnung verirrt hatte. Ich muss vier-fünf Jahre alt gewesen sein und kann mich noch genau an die ängstlich glitzernden Kulleraugen erinnern: So schwarz! So klein! Und dann dieser breite gelbe Babyschnabel! Gemeinsam ließen wir das Schwälbchen wieder durchs offene Fenster fliegen.
Damals kreisten noch Heerscharen von Schwalben am Himmel – bei gutem Wetter hoch, bei schlechtem niedrig. Ihre getöpferten Nester klebten überall unter den Dachsimsen und in den Ställen. Als Fliegen- und Mückenjäger waren gern gesehene Gäste auf dem Dorf. Später, nach der sogenannten Wende wurden viele Häuser und Höfe saniert. Man schlug man die Schwalbennester mit langen Stangen ab, weil die Vögel die neu gemachten Fassaden beschmutzten. Heute sieht man kaum noch Schwalben. Aber wann immer ich eine sehe, checkt mein Kinderblick, Rauch oder Mehl, und für einen Moment fühle ich mich meinen Großeltern nahe, die schon lange nicht mehr leben.
Die Serie VOGELDÄMMERUNG ist ein komplexes Werk. Jedes Einzelmotiv hat seine eigene Geschichte. In vielen Kulturen gelten Vögel als Boten der Götter oder Ahnen. Ausgestattet mit der Fähigkeit zu fliegen, stehen sie in Kontakt zu Sphären, die uns Menschen verwehrt bleiben – jedenfalls nicht ohne technische Hilfsmittel, und das ist nicht das selbe. Am ehesten nährt man sich dieser Gabe durch Träumen und Imaginieren. Vögel verleihen unserer Fantasie Flügel. Sie erweitern unsere Welt.


aus der Serie EQUUSATION (Netz) und (Fernsehturm), 2015, Holzschnitte, ca. 21 x 30 cm
EQUUSATION
EQUUS ist lateinisch und heißt „Pferd“. EQUUSATION ist eine eigene Wortschöpfung und soll so viel wie „Pferdwerdung“ bedeuten. Pferde spielten in meiner kindlichen Fantasiewelt eine wichtige Rolle. Sie waren die Wächter, die Wächter meiner Traumwelt. Bereits als Kind habe nicht gern ferngesehen. Ich habe lieber geträumt und mir selbst Geschichten ausgedacht. Die Verbindung von Ton und bewegtem Bild wurde und wird mir schnell zu viel. Anfangs war mir gar nicht klar, dass ich mit dieser Marotte ziemlich allein dastehen dürfte. Doch in einer von audiovisuellen Medien dominierten Welt, falle ich damit gewissermaßen aus dem System. Davon erzählen die kleinen Grafiken der Serie „EQUUSATION“, vom Kampf um die ureigenen Bilder und das ureigene Tempo der Bildrezeption.